Gerade das Erscheinungsbild eines Burnout ist so unterschiedlich wie wir Menschen auch unterschiedlich sind. Vielen Betroffene wird gesagt, sie hätten eine „Depression“, anderen wiederum sie leiden einem „Erschöpfungszustand“ oder hätten einen „Nervenzusammenbruch“ erlitten, der angeblich bald wieder vorbei ist. Auch gibt es die Posttraumatische Belastungsstörung, die in ihrem Erscheinungsbild oft ähnliche Symptome eines Burnout hat. Beim Burnout, welches im eigentlichen Sinne keine fest umschriebene medizinische Diagnose ist, steht die körperliche Erschöpfung im Vordergrund.

Meist beginnt man sich irgendwann zu fragen: „Was habe ich denn nur?“ oder „Was ist derzeit mit mir los – ich kenne mich so garnicht mehr?!?“

Definition

Der New Yorker Psychoanalytiker Herbert Freudenberger war einer der ersten, der den Begriff Burnout in einem psychologischen Zusammenhang verwendete („Staff Burn-Out“, 1974). Dieser Artikel fußt auf folgender Definition: Burnout ist ein prozesshaftes Geschehen, in dessen Kern die zunehmende psychophysische Erschöpfung durch chronischen Stress steht unter häufiger ursächlicher Beteiligung des beruflichen Umfeldes.

Eine andere, häufig zitierte Definition stammt von Christa Maslach, der amerikanischen Burnout Pionierin: Burnout ist „ein Syndrom emotionaler Erschöpfung, Depersonalisation und persönlicher Leistungseinbußen, das bei Individuen auftreten kann, die in irgendeiner Art mit Menschen arbeiten. Es ist eine Reaktion auf die chronische emotionale Belastung, sich andauernd mit Menschen zu beschäftigen, besonders, wenn diese in Not sind oder Probleme haben.“ (nach Burisch 2006, S. 17)

Unabhängig vom ausgeübten Beruf werden 5 Persönlichkeitstypen beschrieben, die am stärksten durch das Burnout-Syndrom gefährdet sind:

  • Der Hingebungsvolle, der sich zu lange und zuviel Arbeit aufbürdet.
  • Der Überengagierte, dessen Einsatz die Folge eines unbefriedigenden Privatlebens ist.
  • Der Autoritäre, der über Macht und Gehorsam Kontrolle ausüben will.
  • Der Administrator, der chronisch überarbeitet und scheinbar unersetzlich ist.
  • Der Mitfühlende, der sich zu stark mit den ihm anvertrauten Personen identifiziert.

Symptome:

Die drei angeführten Symptombereiche: emotionale Erschöpfung, Depersonalisation und Leistungseinbußen beschreiben das Phänomen Burnout folgendermaßen:

I. Emotionale Erschöpfung als die basale Dimension. Sie umfasst das Gefühl der Überforderung und des Ausgelaugtseins bezüglich der eigenen psychischen und körperlichen Reserven. Mit dem Energiemangel verbunden sind Symptome wie Müdigkeit und Niedergeschlagenheit sowie das Auftreten von Anspannungszuständen. Zu beobachten sind in diesem Zusammenhang zudem häufig eine Unfähigkeit, sich in der Freizeit zu entspannen, und Schlafstörungen. An körperlichen Beschwerden werden Magen-Darm-Symptome, Kopf- und Rückenschmerzen und eine vermehrte Anfälligkeit für Infekte genannt.

II. Zynismus/Distanzierung/Depersonalisation. Aus dem idealisierten Verhältnis zur Arbeit, die meist mit positiven Erwartungen begonnen wurde, entwickelt sich zunehmend Frustration mit anschließender Distanzierung von der Arbeit. Dies ist verbunden mit Schuldzuweisungen für die verändert erlebte Arbeit und einer Verbitterung gegenüber den Arbeitsbedingungen. Diese Frustration führt schließlich zu einer Abwertung der Arbeit und zum Zynismus, der sich oft auch gegen Arbeitskollegen und Klientel richtet. Dies wiederum bedingt beim Betroffenen Schuldgefühle. Häufig wird auch ein Gefühlsverlust für sich selbst (Depersonalisation) beobachtet.

III. Verringerte Arbeitsleistung. In der Selbsteinschätzung besteht der Eindruck einer nachhaltigen Minderung der Arbeitsleistung, Kompetenz und Kreativität u.a. durch Konzentrationsstörungen und Arbeitsunzufriedenheit treten auf.

Entstehung und Phasenmodelle von Burnout:

 Das 12-Phasenmodell von Freudenberger & North

Ein Burnout wird nie nur von einem einzigen Stressfaktor verursacht, ebenso wenig brennt man von einem Tag auf den anderen aus. Es handelt sich vielmehr um eine Kombination von arbeitsbedingten und persönlichen Stressfaktoren.

Immer wieder finden Patienten diese 12-Phasen im Internet und sagen: „das hab ich!“ Freudenberger stellt fest, dass besonders häufig glühende Idealisten anfällig für „Burnout“ sind. Innerhalb von manchmal sehr kurzer Zeit verwandeln sich die Idealisten in deprimierte, erschöpfte, misstrauische und leicht reizbare Zyniker. Das Modell wird häufig als Möglichkeit gesehen zu beurteilen, wie weit ein Burnout gediehen ist, obwohl die Autoren selbst darüber schreiben: „Diese Stufen sind nicht klar voneinander abgegrenzt, sondern vermischen und überlagern sich oft unbewusst.“. Ich möchte dennoch Freudenberger & Norths (2011, S. 121) zwölf Phasen erwähnen, da sie eine gute Symptomsammlung im Sinne eines unstrukturierten Interviews darstellen.

Phase 1-3: Idealistische Begeisterung

Am Anfang beginnt man seine Arbeit voller Idealismus und möchte anderen Menschen helfen. Überengagement, man möchte das Beste geben, arbeitet gerne und viel, persönliche Bedürfnisse werden zurückgestellt. Der eigene Selbstwert und das emotionale Wohlbefinden werden eng an den beruflichen Erfolg gekoppelt, eigene Bedürfnisse und Sorgen werden hintangestellt bzw. nicht als relevant erlebt.

Man überschätzt sich und seine Fähigkeiten und die sozialen Kontakte beschränken sich häufig auf den Umgang mit den Klienten oder Kunden. Fehlende professionelle Distanz (Abgrenzung) ist ein häufig auftretendes Merkmal.

Oftmals ist es für die Betroffene wichtig anderen Menschen helfen zu können, sie stecken sich hohe Ziele und wollen etwas verändern. In diesem Stadium wird mahnenden Stimmen mit Unverständnis oder Misstrauen begegnet, da sich die Betroffenen ja gut, eigentlich sogar großartig fühlen und die Gefahr ignorieren.

Nach Freudenberger tritt Ausgebranntsein vor allem bei Personen auf, die durch großes persönliches Engagement und hohe Leistungserwartungen an sich auffallen.

1. Zwang sich zu beweisen: Der Drang, sich selbst und anderen etwas beweisen zu wollen

2. Vermehrte Aktivitäten: vermehrtes Engagement für Ziele (Gefühl der Unentbehrlichkeit, Verleugnung eigener Bedürfnisse, Hyperaktivität, schlechtes Zeit-Management, nicht delegieren können) und gleichzeitiges Gefühl von Erschöpfung (Müdigkeit, Energiemangel, Unausgeschlafenheit), Extremes Leistungsstreben, um besonders hohe Erwartungen erfüllen wollen

3. Vernachlässigung eigener Bedürfnisse: Überarbeitung mit Vernachlässigung anderer persönlicher Bedürfnisse und sozialer Kontakte

 Phase 4-6: Stillstand und Stagnation

In dieser Phase weicht der anfängliche Idealismus einer etwas realistischeren Einstellung. Es kehrt langsam Routine ein. Es beginnt nun der Stillstand, nachdem die erste Welle der Begeisterung verebbt ist. Hier kommt es zu ersten Erfahrungen mit eigenen Grenzen, die Diskrepanz zwischen erhofften und erreichbaren Zielen wird deutlich. Man stellt fest, dass man nicht alles verändern kann und dass sich die Klienten oder Kunden teilweise nicht verändern wollen.

Man nimmt erstmals auch kleinere und größere Ärgernisse wie geringe Bezahlung, lange Arbeitszeiten etc. zur Kenntnis, die in der ersten Zeit eher ausgeblendet wurden. Trotzdem sind die erlebten Enttäuschungen noch nicht Motivation genug, um an grundlegende Änderungen zu denken. Wenn Veränderung erwogen wird, dann höchstens durch verstärkten Einsatz bzw. durch neue Arbeitsstrategien.

4. Erhöhter Energieeinsatz: Überspielen oder Übergehen der inneren Probleme und Konflikte
 treten gemeinsam mit einem erhöhten Energieeinsatz auf

5. Reizbarkeit/Verhaltensänderung: Depression (Stimmungsschwankungen, unbestimmte Angst, Selbstmitleid, Humorlosigkeit, verringerte emotionale Belastbarkeit, innere Leere, Abstumpfung, Apathie) und Aggression (Ärger, Reizbarkeit, Schuldzuweisung bzw. Vorwürfe an andere, Negativismus, Intoleranz, Launenhaftigkeit, häufige Konflikte mit anderen), offensichtliche Verhaltensänderungen, fortschreitendes Gefühl der Wertlosigkeit, zunehmende Ängstlichkeit, schnelle Reizbarkeit

6. Verleugnen von Problemen: Verleugnung entstehender Probleme, zunehmende Intoleranz und Geringschätzung Anderer

 Phase 7-9:  Frustration

Dieses Stadium wird als der eigentliche Kernpunkt des Burnout verstanden. Die eigene Einflusslosigkeit und die systembedingten Beschränkungen werden deutlich und als Frustration erlebt. Ein Gefühl der Machtlosigkeit, unabhängig von der Position des Betroffenen, steht im Vordergrund.

Man arbeitet auf die freien Tage hin oder flieht in die Krankschreibung. Die eigene Hilflosigkeit und der Umstand, nichts verändern zu können, werden immer bewusster. Soziale Kontakte nehmen stark ab oder werden immer schwieriger, Streit mit den Kollegen oder im Familien- und Freundeskreis nehmen zu. Im Umgang mit den Klienten oder Kunden wird man teilnahmslos oder verspürt sogar eine Abneigung. Die eigene Haltung wird negativ, man sieht nur noch Schwierigkeiten und fühlt sich „machtlos“.

In diesem Stadium liegt der günstigste Zeitpunkt zum Ausstieg aus dem Burnout, da das Gefühl von Desillusionierung und die hier auftretenden psychosomatischen Beschwerden einen starken Leidensdruck zur Folge haben.

7. Rückzug und reduziertes Engagement: im Allgemeinen Verlust des Einfühlungsvermögens und/oder Zynismus gegenüber Mitarbeitern, Patienten, Kunden (fehlende positive Einstellung, Meidung von Kontakten), während der Arbeit negative Einstellung, Widerwillen, Überdruss

8. Erhöhte Ansprüche an Andere: erhöhte Ansprüche (Verlust von Idealismus, Gefühl mangelnder Anerkennung, zunehmende private/familiäre Probleme);

9. Abbau der kognitiven, kreativen Fähigkeiten & Depersonalisation: Abbau von geistiger Leistungsfähigkeit (Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen), Motivation (fehlende Initiative, Dienst nach Vorschrift), Kreativität (verringerte Fantasie) und Wahrnehmung (undifferenziertes Schwarz-Weiß-Denken); Depersonalisierung (Verlust des Gefühls für die eigene Persönlichkeit) durch Kontaktverlust zu sich selbst und zu Anderen, das Leben verläuft zunehmend „mechanistisch“

Freudenberger sieht also in der Diskrepanz zwischen berufsbezogenen Erwartungen und der beruflichen Realität den entscheidenden Faktor zum Verständnis von Burnout. Dabei wird Burnout als symptomatische Reaktion beschrieben, die mit Erschöpfung, Verlust an Energien und einem Rückzug aus der Arbeit bzw. einem reduzierten Arbeitsengagement verbunden ist. Burnout-Phänomene sind typisch für Arbeitssituationen, in denen die persönliche Zuwendung zum Klienten/Kunden einen wesentlichen Bestandteil der Tätigkeit ausmacht.

 Phase 10-12: Apathie

In der letzten Phase des Burnout herrschen Gleichgültigkeit und Leere vor. Apathie ist die zunehmende emotionale Entfremdung, eine Gleichgültigkeit gegenüber KollegInnen, KlientInnen, KundInnen den früheren Arbeitszielen und eventuell auch der eigenen Familie nimmt zu. Die Betroffenen klagen über körperliche, emotionale und kognitive Einschränkungen. Sie erleben sich körperlich verausgabt, hilflos, hoffnungslos und emotional erschöpft.
Hilflosigkeit wird als persönliches Versagen interpretiert. Es kommt zu einer deutlichen Verminderung des Selbstwertgefühls. Die Distanz zu Klienten, Kunden, Kollegen und evtl. zur eigenen Familie nimmt zu (negative Einstellung, Sprachlosigkeit).

Aus diesem Stadium ist nur schwer alleine wieder herauszukommen. In dieser Phase hilft professionelle therapeutische Hilfe, da es ansonsten zum Berufsausstieg, aber auch zu Depressionen und Verzweiflung führen kann.

10. Innere Leere: Innere Leere und verzweifelte Versuche, diese Gefühle durch Überreaktionen zu überspielen (Sexualität, Essgewohnheiten, Alkohol und Drogen), Verflachung des emotionalen Lebens (Gleichgültigkeit), des sozialen Lebens (Vermeidung sozialer Kontakte), des geistigen Lebens (Desinteresse, Langeweile, Verzicht auf Hobbys);

11. Psychosomatische Reaktion/Depression: Muskelverspannung, Kopf- und Rückenschmerzen, Herz-Kreislaufbeschwerden, Engegefühl in der Brust,  Magen-Darm-Störungen, chronischer Schwindel, Schwächung des Immunsystems, Schlafstörungen, veränderte Essgewohnheiten, Sexualstörungen, Missbrauch von Alkohol, Kaffee, Tabak, Drogen, Medikamenten; Depression mit Symptomen wie Gleichgültigkeit, Hoffnungslosigkeit, Erschöpfung und Perspektivlosigkeit

12. Verzweiflung: Verzweiflung – kompletter psychischer und physischer Zusammenbruch, negative Einstellung zum Leben, Hoffnungslosigkeit, Sinnlosigkeitsgefühle, völlige Burnout-Erschöpfung, erste Selbstmordgedanken als Ausweg aus dieser Situation, akute Gefahr eines mentalen und physischen Zusammenbruchs.

Merkmale der depressiven Episode (ICD-10):

„Bei den typischen leichten (F32.0), mittelgradigen (F32.1) oder schweren (F32.2 und F32.3) Episoden, leidet der betroffene Patient unter einer gedrückten Stimmung und einer Verminderung von Antrieb und Aktivität. Die Fähigkeit zu Freude, das Interesse und die Konzentration sind vermindert. Ausgeprägte Müdigkeit kann nach jeder kleinsten Anstrengung auftreten. Der Schlaf ist meist gestört, der Appetit vermindert. Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen sind fast immer beeinträchtigt. Sogar bei der leichten Form kommen Schuldgefühle oder Gedanken über eigene Wertlosigkeit vor.

Die gedrückte Stimmung verändert sich von Tag zu Tag wenig, reagiert nicht auf Lebensumstände und kann von sogenannten „somatischen“ Symptomen begleitet werden, wie Interessenverlust oder Verlust der Freude, Früherwachen, Morgentief, deutliche psychomotorische Hemmung, Agitiertheit, Appetitverlust, Gewichtsverlust und Libidoverlust. Abhängig von Anzahl und Schwere der Symptome ist eine depressive Episode als leicht, mittelgradig oder schwer zu bezeichnen.“

Entstehungsmodell von Burnout

  • Gesellschaftliche Rahmenbedingungen, Wirtschaftssystem

Die Rahmenbedingungen von Arbeit haben sich drastisch geändert seit Freudenbergers Burnout 1974: „Viele Studien zu Burnout sehen als Ursache eine extreme Verdichtung des Arbeitsprozesses, der immense, kaum zu bewältigende Informationsfluss, hohe Anforderung an Flexibilität und Mobilität, Verschärfung der Spielregeln in der Arbeit mit vermehrten Konflikten, mangelnde Anerkennung und immer weniger Handlungsspielräume.“ (Zaudig et al. 2012, S.75)

Siegrist (2012, S. 2-7) nennt folgende Punkte: Größere Arbeitsplatzunsicherheit, Rationalisierungsdruck, Deregulierung der Märkte und Schwächung staatlicher Interventionen (inkl. Abbau wohlfahrtsstaatlicher Leistungen) durch neoliberale Wirtschaftspolitik.

Eine Entwicklung ist besonders hervorzuheben: die elektronischen Kommunikationsmedien. Der selbstfürsorgliche Umgang mit diesen Technologien ist eine der größten therapeutischen Herausforderungen bei ausgebrannten Menschen. Wieder werden Grenzen überschritten: die Arbeit übertritt per Internet die häuslichen und zeitlichen Grenzen: „locker die Emails checken am Handy um 21.00 Uhr“, nur ein Knopfdruck. Und wenn man bedenkt, dass Cortisol 20min bis zum Maximum und zumindest 60min braucht, um sich im Blut zu halbieren, ist vorstellbar, was eine belastende Email auslöst vor dem Schlafen gehen. Es ist mehr und mehr gewünschter, ja verlangter Standard am Abend, am Wochenende und im Urlaub erreichbar zu sein. Da diese Entwicklung immer mehr Möglichkeiten bieten wird zu kommunizieren, bleibt es dem einzelnen überlassen, wie damit umgehen.

  • Genetische Disposition und frühe Prägungen des Stresssystems

Die genetische Disposition ist als das Maß der Verwundbarkeit des psychischen Apparates zu sehen bzw. Persönlichkeitszüge so wie das Temperament. Die frühen Prägungen des Stresssystems sind hierbei maßgeblich.

  • Persönlichkeitsstruktur, Störung, Psychodynamik

Dieser Punkt beinhaltet folgende Aspekte: auf welchem Strukturniveau funktioniert der Patient, welche psychischen Störungen sind vorhanden und was bewirkt die (berufliche) Belastung in Relation zur speziellen Psychodynamik des Menschen. Anders formuliert: durch welche psychopathologische Brille sehen wird die Außenwelt und interpretieren Situationen, bewerten diese und treten in Folge spezifisch in die Stressachsen ein.

  • Private Ressourcen – Soziale Umwelt, Ausgleich

Es wesentlicher Faktor ist die soziale Unterstützung im privaten Umfeld. Eine häufig fatale Kombination sind Schwierigkeiten in der Beziehung als Folge oder Co-Auslöser des Burnouts. Dieser Punkt könnte auch „externe Ressourcen“ genannt werden; also nicht nur das Coping mit den Problemen als innere Ressource, sondern das „life“ in der Work-Life-Balance.

  • Arbeitsplatz – Art des Berufes

Je weniger der Beruf zu Anlagen und Persönlichkeit des Menschen passt, desto größere Belastungen werden daraus folgen: der soziale Mensch, der in der IT landet, der zwanghaft Strukturierte, der ständig Entscheidungen treffen muss oder der Buchhalter mit ADHS.

  • Arbeitsplatz – Aspekte des Systems

Es gibt Arbeitsplätze, an denen nach der Reihe ArbeitnehmerInnen ausbrennen. Dies kann mehre Ursachen haben: (a) zuviel Arbeit für zu wenig Personal: die Arbeit von drei Leuten muss von einer Person erledigt werden, (b) Sandwich-Positionen: typischer Weise Menschen aus dem mittleren Management, die von oben und unten mit Negativem konfrontiert sind, (c) Mobbing-Positionen: wo das Team schon auf den nächsten Sündenbock bzw. definierten Patienten wartet.

  • Arbeitsplatz – soziale Umwelt: Kollegen und Führung

Dieser Punkt ist entscheidender, als die Belastungen, die die Stelle durch die Arbeit selbst bereit hält. Immer wieder zu vernehmen: „die Arbeit ist ja gar nicht das Schlimme, das würd ich schaffen, aber…“ und dann kommen Beschreibungen von Teamsituationen, die den Dauerstress glaubhaft erscheinen lassen. Hier ist der Punkt Führung von entscheidender Bedeutung (siehe z.B. Kernberg 2000). Führung als personifizierter Druck des Wirtschafts- und Firmensystems und Führung als Einflussvariable auf das Klima im Team. Belastende Jobs sind in einem gutem Team verkraftbar und normal verkraftbare Jobs können einen ausbrennen lassen durch ein belastendes Team.

Zum Abschluss ein Selbsttest:

Dieser Selbsttest dient einer Selbsteinschätzung darüber, ob bei Ihnen Anzeichen von Burnout vorliegen, und basiert auf einem von der österr. Ärztekammer herausgegebenen einschlägigen Fragebogen für Ärzte und Patienten. Die darin enthaltenen Aussagen beziehen sich auf Gefühle und Gedanken hinsichtlich Ihrer Arbeitswelt. Markieren Sie bitte die Sätze, die auf Sie zutreffen:

  • Es fällt mir schwer, morgens in die Arbeit zu gehen.
  • Ich bin seit einiger Zeit stärker anfällig für körperliche Krankheiten und/oder Schmerzen.
  • Ich bin in letzter Zeit schnell gereizt.
  • Es fällt mir schwer, mich zu entspannen.
  • Kontakte mit anderen Menschen sind mir oft zu viel.
  • Ich habe die Freude an der Arbeit verloren.
  • Ich fühle mich emotional erschöpft.
  • Es fällt mir im Vergleich zu früher schwer, mich zu konzentrieren.
  • Ich fühle mich körperlich ausgelaugt.
  • Ich bezweifle die Bedeutung meiner Arbeit.
  • Ich habe das Gefühl, meinen Aufgaben nicht mehr gut gewachsen zu sein.
  • Im Gegensatz zu früher passieren mir oft Fehler.
  • Es fällt mir schwer, klare Entscheidungen zu treffen.
  • Ich schlafe unruhig und wache oft auf.
  • Ich würde am liebsten alles hinwerfen und meine Ruhe haben.

Je mehr dieser Sätze auf Sie zutreffen, desto sinnvoller ist es, sich beraten und bei einer Problemlösung gezielt unterstützen zu lassen (bei einem Job-Coach, Arzt, Psychologen oder Psychotherapeuten). Nehmen Sie die Signale unbedingt ernst, wenn Sie mehr als 50% der Antworten markiert haben und suchen Sie dann im Sinne Ihrer körperlichen und psychischen Gesundheit möglichst umgehend professionelle Hilfe. Burnout kann im schlimmsten Fall zu plötzlichem körperlichem Zusammenbruch oder zur Entwicklung von längerfristigen Depressionen führen.

Literatur:

Biffl, G. et al. (2011): Psychische Belastungen der Arbeit und ihre Folgen. Endbericht einer Studie im Auftrag der AK Wien. Download von: www.arbeiterkammer.at

Burisch, M. (2006): Das Burnout-Syndrom. Theorie der inneren Erschöpfung. Heidelberg: Springer Verlag

Freudenberger H. J. & North G. (2011): Burn-out bei Frauen. Frankfurt a. M.: Fischer.

Gapp-Bauß, S. (2015) Depression und Burn-out überwinden: Ihr roter Faden aus der Krise: Die wirksamsten Selbsthilfestrategien VAK Verlag

Hansch, D. (2014) Burnout: Mit Achtsamkeit und Flow aus der Stressfalle. Knaur MensSana HC

Hegerl, U. (2011). Interview zum Thema Burnout und Depression vom 24.11.2011 in: www.spiegel.de/karriere/

Heinemann, H. (2012) Warum Burnout nicht vom Job kommt: Die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1. adeo Verlag

Prieß, M. (2013) Burnout kommt nicht nur von Stress: Warum wir wirklich ausbrennen – und wie wir zu uns selbst zurückfinden. Südwest Verlag

Schmidbauer W. (2002): Helfersyndrom und Burnoutgefahr. München/Jena: Urban & Fischer

Spiegel online (2013): www.spiegel.de/gesundheit/psychologie/dsm-5-das-neue-handbuch-fuer-psychische-stoerungen-und-diagnosen-a-838447.html